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Aus dem Schrank auf die Vitrine - Lesben schreiben ihre eigene Kirchengeschichte

Veranstaltung auf dem 36. DEKT in Berlin 2017
- Protokoll I -

Frage: Was findest du an deiner lesbischen Biografie so wichtig, dass es bewahrt werden sollte?

Teilnehmerin A
Als wir uns 1982 geoutet haben, war das Coming out völlig versteckt, wir mussten es verheimlichen. Heute ist lesbisches und schwules Leben öffentlich. Das zeigt: Gesellschaft kann sich entwickeln, wenn wir einander unterstützen. Vor allem die Netzwerke waren und sind für uns wichtig.

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Teilnehmerin B
Wir hatten damals jede 3 Kinder, jede lebte in einer Hetero-Ehe. Die größte Frage war: Wie machen wir es mit den Kindern? Es brauchte viel Mut zum Outing, zum Zusammenziehen mit 6 Kindern. Überraschenderweise kamen viele positive Reaktionen. Wir möchten weitergeben: „Traut euch zum Outing, auch wenn die Situation noch so schwierig scheint“. Wir machten die Erfahrung, dass in dem Moment, als die richtige Entscheidung getroffen war, viel Energie frei wurde.
Wichtig waren uns auch die Gruppen für Lesben mit Kindern bei den Kirchentagen. Es tut gut zu merken: Ich bin nicht allein.

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Teilnehmerin C
Mir ist die Freiheit wichtig, in mich hineinzuspüren und das zu leben, was da ist. Es tut gut, in einer Gruppe zu sein, einem Netzwerk anzugehören, doch das kann auch eng werden und behindern. Das gilt auch für lesbische Gruppen, auch dort kann es starre Regeln und einen Verhaltenscodex geben. Eine ideale Gruppe ist, wenn alle mit dem je Eigenen darin akzeptiert werden.

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Teilnehmerin D.
Ich weiß seit 9 Jahren, dass ich Lesbe bin. Ich habe darüber nie gesprochen. Ich ging dann auf eine Bibelschule und fand dort überhaupt kein Verständnis. In den freikirchlichen Gemeinden, in denen ich Heimat suche, hauen mir alle, die in meinem Alter sind, die Bibelstellen um die Ohren, die gegen Homosexualität sprechen. Ich fand Unterstützung in der Gruppe „Zwischenraum“. Dort fand ich Frauen, die sich solidarisch mit mir mit dem Thema „Bibel und Homosexualität“ auseinandersetzten.

 

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Frage: Was hält dich in der Kirche, in der du bist?

Teilnehmerin 1
Mein Beruf. Bei meinem Coming-out war ich zu alt, um was anderes zu machen. Wenn ich noch jünger gewesen wäre, hätte es dafür sicher Optionen gegeben. Nach meiner Pensionierung werde ich neu überlegen, ob ich dabei bleibe.

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Teilnehmerin 2
Mein Beruf. Ich kann ihn nur innerhalb der Kirche ausüben.

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Teilnehmerin 3
Ich habe mir oft gewünscht, aus der Kirche auszutreten, doch der Beruf hält mich. Ich bin froh, evangelisch zu sein, da habe ich mit der Kirche weniger Probleme. Ich schätze die Offenheit der evangelischen Kirche. Die katholische Amtskirche könnte ich nicht vertreten.

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Teilnehmerin 4
Ich bin aus eigener Entscheidung in die evangelische Kirche eingetreten. Früher war ich katholisch und hauptamtlich für die Kirche tätig. Als mich eine Kollegin als lesbisch geoutet hat, erhielt ich Berufsverbot. Ich musste einen anderen Beruf erlernen, in dem ich jetzt arbeite. Das war eine sehr harte Zeit. Begleitet hat mich darin u.a. eine evangelische Pfarrerin. Sie öffnete mir den Blick für homosexuell lebende AmtsträgerInnen innerhalb der (evangelischen) Kirche. Ich fühle mich jetzt nach dem Austritt aus der katholischen Kirche, von der ich sehr enttäuscht bin, in der evangelischen Kirche zuhause.

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Teilnehmerin 5
Ich gehöre einer Freikirche an. Mich hält darin der Glaube an Jesus Christus. Doch suche ich intensiv nach einer Gemeindeanbindung, die die Vielfalt und damit auch meine Lebensweise unterstützt.

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Teilnehmerin 6
Ich genieße die Gemeinschaft und die persönlichen Kontakte in der evangelischen Studierendengemeinde, deshalb bleibe ich dabei.

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Teilnehmerin 7
Mich hält die Gewohnheit, das Vertraute, die schon-immer-Kirchenmitgliedschaft.
Ich bleibe in der Kirche, weil Kirche mich braucht. Ich kann in der Kirche nur als Teil von ihr etwas verändern. Meine „Mission“, mein Auftrag ist, Offenheit reinzubringen. Ich hoffe und setze auf Veränderung, ich erwarte von meiner Kirche Akzeptanz meiner Lebensweise.
Zunächst erwarte ich von meiner Kirche eine kirchenpolitische Entscheidung zur Trauung. Ich weiß, dass diese Frage auch innerhalb der Kirche polarisiert. Vielleicht muss das so sein, doch stellt sich die Frage: Wie kommuniziert und praktiziert die Kirche Offenheit?

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Anmerkung: Wir danken allen Frauen für das Gespräch. Alle waren damit einverstanden, dass wir ihre Beiträge anonymisiert mitschreiben und auf unsere Internetseite stellen.

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